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Von Troja abgeguckt

Zurück zur Transkription der Werke Homers ins Lateinische im besagten Kloster Cella: Hier lässt sich nachvollziehen, dass die Übersetzungen der Benediktinermönche auch die Kapitel mit der Kriegslist der Griechen mit dem Trojanischen Pferd beinhalteten. Das Volk im Harz war nicht sehr belesen. Es gab keinen Buchdruck, das Wissen um die Geschichte war nur sehr wenigen Kirchenleuten bekannt. In Goslar kannte um 1200 niemand die Geschichte vom Trojanischen Pferd.

Beim Lesen der frisch übersetzten Schriften über den Kampf um Troja kam wohl dem Benediktinermönch Bonifacius IV, der eigentlich vom Papst für die Schlichtung der permanenten Streitigkeiten der Oberharzer mit den Bürgern der Stadt Goslar eingesetzt war, wie man heute annehmen kann, die Idee, seinen „Schäfchen“ - den Bürgern der Region Zellerfeld – dabei zu helfen. Vermutlich wiegelte er sie sogar auf, sich „ihr“ Geld aus Goslar zurück zu holen. Es war bekannt, dass im Dom der Stadt Goslar die Schätze und Reichtum der Kirche gelagert waren. Man kannte als Kirchenmann sogar die genauen Raumpläne des Domes und der Sicherung.

Also galt es, mit einer Gruppe von nicht mehr als sechs starken und wild entschlossenen Männern heimlich in die Stadt zu kommen. So war die Idee geboren, die List, die schon die Griechen in Troja anwendeten, auch in Goslar anzuwenden, um die Wachen am Stadttor zu überlisten und sich dann nachts mit den im Pferd versteckten Männern vom Domschatz möglichst viel von dem, was einem in Clausthal genommen wurde, zurück zu holen. Durch die Wut, die sich bei vielen gesetzlosen Harzern über den Reichtum und die "Geldsäcke" in der Stadt Goslar aufstaute, war es wohl ein Einfaches, rauhe und durch die Arbeit auch sehr starke Gesellen für diese Aufgabe zu finden.

Somit entstand der Plan, ein Nachbau des trojanischen Pferdes vor dem Breitem Tor abzustellen. Da die Goslarer sich gerne alles einverleibten, was vor ihren Toren zu finden war, war man sich sicher, dass die Goslarer das Holzpferd auch durch das Breite Tor ziehen würden. Im dem Pferd waren – wenn man die Dimension der Holzreste als Maß hochrechnet – Platz für mindestens vier, vermutlich eher sechs Kämpfer. Diese sollten, wenn der Nachtwächter die Mitternacht ausgerufen hatte, die Nachwachen überfallen und die Stadttore öffnen. Es ist wahrscheinlich, dass dann vor dem Tor auch eine Gruppe rauher Oberharzer Gesellen wartete – aber dazu kam es ja dann wohl doch nicht.

Zurück zu den chronologischen Ereignissen: Durch die Unterstützung der Mönche aus dem Kloster hatte man genaue Kenntnisse, wie man auf bestem Wege an den Goslarer Domschatz heran kam. Anhand des Holzfundes und er Datierung ist gesichert, dass auf dem Gebiet der heutigen TU Clausthal mächtige Bäume gefällt wurden, um damit ein ca. vier Meter hohes, mit Wagengestell über drei Tonnen schweres Holzpferd zu bauen. Die Fachkenntnis zur Holzbearbeitung und Statik war durch die Kenntnisse im Grubenausbau gegeben.

Die Konstruktion bestand aus dem Pferd und einer Plattform, an der auf befestigten Wegstrecken Holzräder anmontiert werden konnten. In unwegsamen Gelände konnten unter das Gestell auch rollende Holzstämme unterlegt werden. So gelangte das Pferd vom Bauplatz, der, wenn man sich die Höhenverläufe ansieht, in der Nähe der heutige Mensa der TU Clausthal gelegen haben könnte, ständig bergabwärts zum heutigen Ortsende hinter Altenau. Der Transport dürfte der heutigen Verbindungsstraße von Altenau nach Clausthal gefolgt sein, was sich einfach aus einer Auswertung des Höhenprofiles ergibt. Dieser Weg endet an dem Flußlauf der Oker in der Höhe des heutigen oberen Okertals. Von dort konnte man das Pferd mit der Plattform, die somit auch als Floß diente, die Oker flußabwärts bringen.

Die Oker führte damals ohnehin mehr Wasser (wogegen heute ein Großteil über den Oker-/Granestollen abfließt) und war wesentlich breiter als der heutige Flusslauf, der erst durch den Bau der Straße im Okertal nicht mehr so breit, sondern heute eher steil und schroff ist. Die Talsperre gab es natürlich damals auch noch nicht, sondern nur den kleinen Fluss, der sich – wo heute die Talsperre liegt – durch eine kleine Ansiedlung, das spätere Schulenberg (das heute in der Talsperre versunken ist) schlängelte. Dass auf der Oker früher geflößt wurde ist eindeutig belegt. Bis heute deuten Bezeichnungen von Plätzen und Gebäuden (siehe Gaststätte Flösserstube) auf diese Nutzung hin.

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